DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

08-05-2024 10:01

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 08.05.2024 um 10.30 UTC



Zunächst ruhiges, zunehmend warmes Wetter. Ab Montag von Südwesten ansteigendes
Gewitter- und Starkregenrisiko, Unwetter möglich!
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Synoptische Entwicklung bis zum Mittwoch, den 15.05.2024


Zu Beginn der Mittelfrist am Samstag befindet sich Deutschland knapp
vorderseitig eines meridionalen Rückens, der vom westlichen Mittelmeer bis zur
Norwegischen See reicht. Er wird eingerahmt von zwei Trögen von Nordwestrussland
bis zum östlichen Mittelmeer sowie vom Raum Island bis zur Iberischen Halbinsel.
Der Rücken stützt ein umfangreiches Hochdruckgebiet, das seinen Schwerpunkt
langsam von der Nordsee zur südlichen Ostsee verlagert und weite Teile Nord- und
Mitteleuropas erfasst. Hinter einer sich über der Mitte Deutschlands auflösenden
Kaltfront gelangt in den Norden und Osten ein Schwall erwärmter Meereskaltluft
(T850 um 5 Grad). Dabei unterstützt ein in der nördlichen Höhenströmung südwärts
schwenkender Kurzwellentrog die Bildung einzelner Schauer. Im Süden und Westen
dominiert dagegen bereits Absinken, das die Luft langsam erwärmt und abtrocknet
(T850 um 10 Grad). Bei viel Sonnenschein steigt die Temperatur entlang des
Rheins bereits knapp über 25 Grad, während im Nordosten kam 20 Grad erreicht
werden.

Am Sonntag schwenkt die Achse des sich verstärkenden Rückens in die Westhälfte
Deutschlands. Währenddessen zieht ein kurzwelliger Anteil des atlantischen
Troges nach Südwestfrankreich. Dieser sorgt für stärkeren Luftdruckfall und die
Ausbildung einer (noch) flachen Tiefdruckzone über Westeuropa. Die Strömung über
Deutschland dreht niedertroposphärisch damit von Ost auf Südost. In den
äußersten Westen und Südwesten kann dadurch bereits eine feuchtere, instabilere
Luft einsickern, in der einige Hundert J/kg CAPE aufgebaut werden können. Die
konvektive Auslöse dürfte sich mangels Antriebes schwertun, einzelne Gewitter
sind aber insbesondere abends über dem Bergland nicht ausgeschlossen. Bei PPWs
zwischen 20 und 25 mm und flauer Strömung/Scherung ist dann mit Starkregen zu
rechnen. In den meisten Regionen sorgt das Absinken und die weitere Abtrocknung
der Luft für viel Sonnenschein und ein nur noch geringes Schauerrisiko. Das
Südwest-Nordostgefälle bei der Temperatur bleibt im Wesentlichen aber erhalten.


Am Montag tropft der atlantische Trog westlich der Britischen Inseln ab, der
vorgelagerte Kurzwellentrog schwenkt über Frankreich nordostwärts und erreicht
spätabends den Südwesten und Westen Deutschlands. Ausgehend von dem sich
zunehmend ausprägenden Tiefdruckkomplex über Westeuropa erreicht und von
Südwesten eine Tiefdruckrinne. In der darin eingelagerten, feuchten und
unstabilen Luft wird in der Südwesthälfte im Tagesverlauf CAPE in der
Größenordnung von 500 bis 1000 J/kg aufgebaut. Dabei sind tagsüber über dem
westlichen und südwestlichen Bergland sowie an den Alpen zunächst nur einzelne,
mit Übergreifen des Kurzwellentroges im Westen und Südwesten zum Abend häufiger,
teils kräftige Gewitter zu erwarten. Wirklich nennenswerte Scherung scheint nach
wie vor nicht vorhanden, allerdings dürfte bei PPWs von 25 bis 30 mm die Gefahr
von lokalem, aber teils heftigem Starkregen bis in den Unwetterbereich zunehmen.
Der Norden und Osten profitieren dagegen weiterhin vom Rücken bzw. dem sich
schwerpunktmäßig langsam Richtung Finnland verlagernden Hochdruckgebiet und
trockenen Luftmassen. Das Temperaturniveau gleicht sich an, bei T850 zwischen 7
und 12 Grad wird es verbreitet warm, teils frühsommerlich.

Am Dienstag und Mittwoch nistet sich über Westeuropa ein hochreichendes
Cut-Off-Tief ein, auf dessen Vorderseite kurzwellige Tröge vor allem den Süden,
Westen und die Mitte traktieren. Zusammen mit dem stark amplifizierten Trog über
Osteuropa und dem sich über Skandinavien abschnürenden Höhenhoch ergibt sich
eine omega-förmige Blockadelage. In der feuchten Luft nimmt das Potenzial für
konvektive Umlagerungen bevorzugt innerhalb der zögerlich nordostwärts
vorankommenden Tiefdruckrinne nochmal zu. Zwar steht der Starkregen bis in den
Unwetterbereich bei anhaltend hohen PPWs bis knapp 30 mm weiterhin ganz oben auf
der Liste, mit Annäherung des Troges nimmt aber auch die Scherung tendenziell
etwas zu, sodass mit etwas mehr Dynamik auch besser organisierte Systeme mit
Sturmböen und Hagel etwas wahrscheinlicher werden. Zwar zieht die Achse des
Rückens nach Osten ab, zumindest der Nordosten und Osten verbleiben aber erst
mal noch am Rande des nach Osteuropa ziehenden Hochs im Zustrom trockenerer
Kontinentalluft. Ob sich die feuchte Gewitterluft auch dort bis Wochenmitte
durchsetzt, ist unsicher. Während es im Südwesten rückseitig der Rinne und mit
Winddrehung auf West bereits leicht abkühlt, bleibt es sonst verbreitet warm.

In der erweiterten Mittelfrist verbleiben weite Teile des Landes wahrscheinlich
im Einflussbereich des hochreichendes Cut-Off-Tiefs über Westeuropa, sodass sich
das unbeständige Wetter mit Schauern und Gewittern und etwas zurückgehende
Temperaturen fortsetzt. Nach IFS(00Z) schwenkt gar ein markanter Trog von Süden
her nach Deutschland und bedingt eine kräftige Zyklogenese, im Zuge dessen am
Donnerstag eine überregionale Unwetterlage mit teils heftigem Starkregen drohen
würde. Der Norden und Nordosten hat dagegen noch berechtigte Hoffnung, dass die
Nord- und Nordosteuropäische Hochdruckzone mit trockenerer Luft dagegen halten
könnte.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Die jüngsten IFS-Modellläufe rechnen eine ziemlich ähnliche Entwicklung,
zumindest über das Wochenende hinweg bis zum Wochenbeginn. Zur Wochenmitte hin
nimmt die Konsistenz dann aber deutlich ab. Nach Lesart der beiden gestrigen
IFS-Läufe von 00 und 12Z sollte sich das ruhige Hochdruckwetter in weiten
Teilen, zumindest aber in der Nordosthälfte fortsetzen. Der neuste IFS-Lauf von
heute, 00Z, simuliert dagegen einen stärkeren Einfluss des westeuropäischen
Tiefdrucksystems, womit sich die sehr feuchte, instabile und zu Gewittern
neigende Luft weiter nach Nordosten ausdehnen kann. Von dem kräftigen
Gewitter-/Unwettertief am Donnerstag war in den Vorläufen noch nichts zu sehen,
dies scheint also noch sehr unsicher zu sein.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Großräumig betrachtet zeigen die vorliegenden deterministischen Modelle eine
recht ähnliche Entwicklung (Omegalage). Im Detail ergeben sich dennoch für
Deutschland prognoserelevante Unterschiede. Ursache ist die noch recht
unterschiedliche Behandlung des über Westeuropa abtropfenden Troges und dessen
Einflussnahme auf das Wetter hierzulande. IFS ist mit dem Vorstoß der feuchten
Gewitterluft von Südwesten zu Wochenbeginn sogar eher noch konservativ
unterwegs. Bei GFS und ICON setzt sich die feuchte Luft und der zyklonale
Einfluss bereits am Montag in der kompletten Südwesthälfte durch. Ab Wochenmitte
kehrt sich das um, dann gewinnt bei GFS die trockene Luft und der
Hochdruckeinfluss nach Südwesten hin wieder an Raum, während sich der zyklonale
Einfluss bei IFS weiter ausweitet und verstärkt.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Rauchfahnen des IFS-EPS weisen bis Montag eine enge Bündelung auf. Bei der
Temperatur zeigt sich ein stetiger Anstieg, wohingegen das Geopotenzial bereits
einem leichten Rückgang unterliegt. Ab Dienstag nimmt der Spread deutlich zu,
wobei der Median der Verteilung einen leichten Temperaturrückgang und einen
verstärkten Geopotenzialrückgang vollzieht. Der deterministische IFS-Lauf ist
relativ gut in die Memberschar eingebettet und stets nahe des Medians. Auffällig
ist aber, dass der deterministische Lauf im Hinblick auf den Bodendruck am
Donnerstag über der Mitte des Landes sehr wohl recht stark nach unten ausreißt
(ca. 995 hPa, Median bei rund 1007 hPa). Das von diesem Lauf skizzierte, starke
Gewitter-/Unwettertief ist also (noch) eher eine Außenseiterlösung.

Im Zeitraum +72-96 h werden 3 Cluster gebildet, die alle der Klasse BLOCKING
zugeordnet werden. Prognoserelevante Unterschiede können nicht ausgemacht
werden.
Auch im Zeitraum 120-168 h stehen 3 Cluster zur Auswahl. C1 (21/51, inkl. det.
Lauf und K.-lauf) verbleibt im BLOCKING-Regime, während C2 (19/51) und C3
(11/51) den Übergang zu NAO- vollziehen. Bei C2 und C3 weitet sich das
westeuropäische Cut-Off-Tief schneller und stärker in Richtung Mitteleuropa aus
und sorgt dort schon verbreiteter für zyklonales Wettergeschehen als in C1.
Im Zeitraum +192-240 h hat man die Wahl zwischen 5 Clustern. C1, C2 und C3
(34/51) werden dem BLOCKING-Regime zugeordnet. Das Westeuropatief wird von hohem
Geopotenzial über Nord- oder Osteuropa blockiert und verbleibt mehr oder weniger
an Ort und Stelle bzw. zieht in Richtung Mittelmeer (etwas mehr
Hochdruckeinfluss für Deutschland?). In C4 (9/51, inkl. det. Lauf und K.-lauf)
verbleibt das Tief auch über Westeuropa, allerdings wird zugleich das
Geopotenzial über Nordeuropa abgebaut bzw. retrograd zum Nordatlantik verlagert
(ATLANTIC RIDGE), sodass sich für uns mehr Trogeinfluss ergibt. Das trifft auch
auf C5 (8/51) zu, allerdings schwenkt das Cut-Off bzw. der Trog zu uns nach
Mitteleuropa, dahinter setzt sich eine zyklonale Westlage durch (NAO+).

FAZIT: Eine Blockierungslage der Marke "Omega" beschert uns am Wochenende
ruhiges, oft trockenes und von Südwesten her auch zunehmend sonniges und warmes
Wetter. Das Gewitterrisiko über dem west- und südwestdeutschen Bergland ist
(noch) marginal. Ab Wochenbeginn scheint sich dann eine Wetterzweiteilung
einstellen zu wollen mit einer zunehmend schwül-warmen und gewittrigen
Südwesthälfte und einer trocken-warmen Nordosthälfte. Das Gewitterrisiko nimmt
bis Wochenmitte von Südwesten sukzessive zu, wobei vor allem bezüglich des
Starkregens auch Unwettergefahr besteht! Ob sich das zyklonale Wettergeschehen
bei zurückgehenden Temperaturen in der zweiten Wochenhälfte fortsetzt und sich
eventuell sogar auf das ganze Land ausweitet, oder die trockene Luft wieder an
Raum gewinnt, ist sehr unsicher.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


GEWITTER/STARKREGEN:
Vor allem ab Montag nimmt die Wahrscheinlichkeit für teils kräftige Gewitter von
Südwesten her sukzessive zu, was auch von erhöhten Werten des EFI-CAPE
verdeutlicht wird. Dagegen tauchen im EFI-CAPESHEAR erst in Richtung Wochenmitte
äußerst zaghafte Signale auf. Es handelt sich also um eine eher undynamische
Gewitterlage mit dem Fokus auf teils heftigen Starkregen (UNWETTER). Hagel und
Gewitterböen (bis Sturmstärke) spielen voraussichtlich nur eine untergeordnete
Rolle.
Ob auch der Nordosten und Osten um Wochenmitte herum betroffen sein wird, ist
unklar.
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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS-EPS, ICON, MOS-Mix
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Adrian Leyser